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Eine Wohnung: reines Finanzprodukt oder familiäres Zuhause?

Monopoly, eines der bekanntesten Brettspiele der Welt, hat uns in unserer Kindheit schon über so manches verregnetes Wochenende hinweggetröstet. Im Spiel konkurrieren die Spieler um begrenzten Grund- und Immobilienbesitz. Gewinner ist der Spieler, der seine Konkurrenten durch das Erheben von Mieten auf seinem Grund- und Immobilienbesitz vollständig enteignet hat.

Monopoly ist aber auch eine spielerische Darstellung gesellschaftlicher Realitäten. Den Mitspielern wird einerseits bewusst, was eine monopolistische Verteilung des Immobilienbesitzes bedeutet, andererseits wird ihnen vor Augen geführt, dass Grund- und Immobilienbesitz nicht selten ein reines Zufallsprodukt ist. Im Spiel wird dieser Zufall durch Würfeln herbeigeführt. Im realen Leben, vor allem in Luxemburg, entscheidet über solchen Besitz immer häufiger – insbesondere wegen der hohen Grundstückspreise[1] – nicht mehr die Erwerbstätigkeit, sondern das Geburtslos: Das Geburtsjahr und die Familie, in die man hineingeboren wird, sind auf dem Weg zum bescheidenen Eigenheim immer auschlaggebender.

Bei der aktuellen Preisentwicklung ist dies auch nicht verwunderlich. Im Jahr 2010 kostete eine 80 m2 Immobilie im Landesdurchschnitt noch ungefähr 293.680 Euro. Ende 2020 waren es schon 593.200 Euro.[2] Setzt sich die durchschnittliche Preissteigerung der letzten Dekade ungebremst fort, wird ein solches 80 m2-Appartement im Landesdurchschnitt im Jahr 2030 um die 1,2 Millionen Euro kosten!

Das Epizentrum dieser nationalen Preisexplosion befindet sich in Luxemburg-Stadt. Hier kosteten 80 m2 im Jahr 2015 noch ungefähr 420.000 Euro. Knapp sechs Jahre später muss man schon über 920.000 Euro dafür auf den Tisch legen.[3] Hier könnte man also 2030, bei einem ungebremsten Preisanstieg, bei weit über 2,5 Millionen Euro für eine 80 m2-Immobilie liegen.

Auch wenn solche Extrapolationen mit Vorsicht zu genießen sind, untermauern sie aber die Notwendigkeit resoluten politischen Handelns und Umdenkens in der Wohnungsfrage; dies mit dem Ziel, solche Preisauswüchse zu verhindern und das Primärbedürfnis nach „Wohnen in Luxemburg“ in erschwingliche Sphären zurückzuführen.

Preisexplosion: cui bono?

Der frühere Wohnungsbauminister Marc Hansen (DP) gab vor dem Luxemburger Parlament eine der beliebtesten Floskeln der Wohnungsbaupolitik zum Besten: „Ganz dacks, dat wësst Dir och, sinn déi Leit natierlech net onzefridden, wann d’Präisser an d’Luucht ginn“[4]. In Politikerkreisen hört man dieses Argument nicht selten. Auch wenn es manchmal charmanter ausformuliert wird, verläuft es aber immer nach dem gleichen Muster: Viele Luxemburger sind doch Eigentümer, diese profitieren von der Preisexplosion, es ist also alles nur halb so wild. Solche Politikeraussagen sollen die Gemüter beruhigen, die Wohnungskrise kleinreden, aber vor allem über die politische Mut-, Tat- und Ratlosigkeit des Redners hinwegtäuschen.

Hinter dieser kleinbuchhalterhaften Sichtweise steckt die Überlegung, dass der Einzelne sich nicht etwa über generell bessere Wohnverhältnisse oder eine bessere Lebensqualität freuen würde, sondern über den rein hypothetischen Wertzuwachs seiner – unveränderten – eigenen vier Wände. Aber folgen wir einen Augenblick dieser Überlegung und illustrieren sie durch zwei einfache Beispiele, die vor allem auch den Anhängern dieser simplen Theorie einleuchten sollten:

  • Peter, 35, Familienvater in spe

Wir schreiben das Jahr 2010. Peter, 23 Jahre alt und Berufsanfänger, hat zwei Wohnobjekte der Begierde auserkoren. Objekt A: Appartement, 90 m2, Preis: 330.000 Euro; Objekt B: Einfamilienhaus, 180 m2, Preis: 700.000 Euro. Peters Traumobjekt ist eigentlich das Einfamilienhaus, doch da Peters Wohnbedarf mit 90 m2 mehr als abgedeckt ist, entscheidet er sich für den Erwerb des Appartements.

Heute, mehr als zehn Jahre später, ist Peter werdender Familienvater und möchte nun sein Traumobjekt kaufen. Peter fragt eine Wertschätzung seines Appartements an. Der Makler errechnet ihm einen möglichen Verkaufswert von 670.000 Euro. Peter, erinnert sich an die Worte von Minister Hansen und kann es nicht fassen: über 300.000 Euro Wertzuwachs, geil!

Peter hat Glück, sein Traumhaus steht zum Verkauf, kostet aber jetzt 1,4 Millionen Euro.

Jetzt kann er sich irgendwie nicht entscheiden: Soll er sich jetzt über die Wertsteigerung seiner Wohnimmobilie freuen, oder doch lieber weinen, da weder er noch seine Frau den höheren Kredit aktuell stemmen können und somit ihr Traum vom Haus geplatzt ist. Auf einem Immobilienportal sieht Peter noch ein interessantes, etwas größeres Appartement, das binnen der nächsten zwei Jahre gebaut werden soll. Er kontaktiert den Makler, doch der sagt ihm, dass leider eine andere Person die restlichen drei Wohnungen im besagten Neubau auf einen Schlag gekauft habe.

Peter freut sich nicht mehr; hätte er nur 2010 das Haus gekauft …

  • Henriette, 60, kurz vor der Rente

Henriette hat 1990 zusammen mit ihrem Mann ein Grundstück gekauft und ein Haus darauf errichtet. Der Hauskredit ist mittlerweile abbezahlt. Sie hat etwas Geld angespart und von ihren Eltern noch einiges geerbt. Sie möchte das Geld ungern auf ihrem Bankkonto verweilen lassen, ihre Bank soll auch demnächst Negativzinsen verhängen, und dies ist Henriette nun doch wirklich zu viel. Sie ist auf der Suche nach einer Investitionsmöglichkeit, ein bisschen Steuerersparnis wäre auch noch gut.

In einer Werbebroschüre ihrer Bank liest Henriette: „Nous avons la conviction que l’investissement immobilier demeure sûr et est surtout intéressant d’un point de vue fiscal et financier. Peu d’autres produits permettent de profiter du levier de l’endettement tout en offrant une telle rentabilité doublée d’une telle sécurité.“[5] Sofort kontaktiert sie ihren Bankberater, bekommt dank Erbsumme, Ersparnis und ihrem Haus als weitere Garantie einen Kredit und kauft drei Wohnungen in einem Neubau. Henriette freut sich nicht so recht, sie ist eher erleichtert ihr Geld sicheren Gewissens gut angelegt zu haben.

Die Investitionsnachfrage

Zwei Beispiele, die frei erfunden sind, sich aber so auf dem Luxemburger Immobilienmarkt abspielen könnten. Auf der einen Seite ein Interessent einer Wohnimmobilie, der diese als familiäres Zuhause erwerben möchte, auf der anderen eine Person aus der Geld-„Mittelschicht“, die Wohnungen als reine Geldanlage betrachtet und nicht nur Peter, sondern zwei weiteren Personen ihr Zuhause vor der Nase wegschnappt. 2012 beschrieb der damalige Premierminister, Jean-Claude Juncker (CSV) diesen Zustand auf dem Luxemburger Immobilienmarkt äußerst treffend mit den Worten: „Déi eng Lëtzebuerger beuten déi aner Lëtzebuerger aus.“[6]

Laut den offiziellen Zahlen wurden zwischen 2015 und 2021[7] im Ganzen 12.248 Appartements als Ventes en état futur d’achèvementverkauft; dies sind Wohnungen, die noch nicht existieren, aber in naher Zukunft gebaut werden. Über 40 %, also fast jede zweite Wohnung(!), exakt 4.954 Wohnungen,[8] wurden von Leuten erworben, die nicht die Absicht haben, sie zu bewohnen, sondern in ihr ein reines Investitionsobjekt ihrer privaten Geldvermehrung sahen.[9] Erste Schritte, um diese Investitionsnachfrage zu bremsen, wurden eingeleitet.

Immobilienkreditvergabe

Um die Überhitzung des Immobilienmarkts und vor allem des Kreditmarkts zu verhindern, sieht das Gesetz vom 4. Dezember 2019 vor, dass die Finanzaufsicht, nach Rücksprache mit dem Comité du risque systémique und der Zentralbank die Kreditvergabe für Immobilienkäufe einschränken kann. Dies klingt erst einmal so, als könnte man Herrn und Frau Mustermann den Kredit und somit auch den Zugang zum Immobilienbesitz verweigern. Der damalige Abgeordnete Gast Gybérien (ADR) brachte diese Sorge zum Ausdruck, als er in einer in den sozialen Medien viel geteilten Rede Sätze zum Besten gab wie diese: „Dat hei wäert zur Konsequenz hunn, datt ganz vill Leit keng Prête méi hei am Land kréien. A wat ass d’Konsequenz? […] hei si virun allem déi kleng Leit, déi hei am Land keng Prête méi wäerte kréien. D’Mëttelschicht wäert sech keng méi leeschten“.[10]

Am 1. Januar 2021 traten erstmals Einschränkungen für die Immobilienkreditvergabe in Kraft. Für Erstkäufer einer Immobilie liegt die Obergrenze zwischen der Höhe des Darlehens und dem Wert der Immobilie bei 100 %. Erstkäufer können also weiterhin rein theoretisch den gesamten Kauf einer Immobilie über ein Darlehen finanzieren. Käufer, die eine neue Wohnimmobilie erwerben möchten, aber schon ein erstes Objekt besitzen, können nur noch 90 % dieses Zweitkaufs über einen Kredit finanzieren. Investoren, also jene, die Immobilien zur Geldvermehrung und nicht zu Wohnzwecken erwerben, können seit dem 1. Januar 2021 nur noch 80 % des Kaufpreises der Wohnung(en) über Kredit(e) finanzieren.[11] Vor allem diese letzte Maßnahme soll die nationale Investitionsnachfrage minimal gebremst haben.[12]

Die Kreditvergabe sollte weiterhin genau im Auge behalten und – wenn nötig – bei der Vergabe von Investitionskrediten nachgeschärft werden, dies jedoch im Einklang mit einer Sicherung der nötigen Finanzierung der Wohnungsbauprojekte, um unnötige Finanzierungsengpässe im Wohnungsbau zu vermeiden.

Nullzinspolitik

Öfters verweisen Politiker jedoch auch auf die tiefen Zinsen, um die hohen Wohnpreise zu erklären: „Man kriegt ja null für sein Geld. Die Leute stecken ihr Geld also in den Wohnungsbau“[13], so zum Beispiel der Wohnungsbauminister Henri Kox (déi Gréng) gegenüber dem Magazin Revue.

In einer rezenten Publikation erteilt der Präsident der luxemburgischen Zentralbank, Gaston Reinesch, dieser Analyse eine klare Absage. Die Zinspolitik sei nicht die Ursache für den derzeitigen Anstieg der luxemburgischen Immobilienpreise, zumal da in Luxemburg bereits lange vor der Negativzinswende ein rasanter Anstieg der Immobilienpreise zu beobachten war, und er schreibt weiter: „if monetary policy was the key determinant of residential property prices, one would expect a more uniform pattern of price growth and valuation estimates across countries“.[14]

Zur Realität gehört aber neben geldpolitischen Aspekten auch, dass luxemburgische Wohnungen als Investitionsobjekt fast unschlagbar sind. Immobilienagenturen werben förmlich um diese Investitionsnachfrage und projizieren den Kunden einen Wertzuwachs der Immobilie von 3 % jährlich, geben dabei aber auch an, dass es sich hierbei um eine „conservative projection“ handele und stellen einen „annual return“ von 7 % dank Vermietungseinnahmen und Steuervorteilen in Aussicht.[15]

Steuerpolitik

Ein weiteres Mittel, um vor allem die inländische Investitionsnachfrage nach Luxemburger Wohnungen weiter zu bremsen, wäre also sicherlich eine Anpassung der Besteuerung. Die aktuelle Immobilienbesteuerung ist kontraproduktiv, wie der Steuerexperte Keith O’Donnell im Lëtzebuerger Land-Interview perfekt illustriert: „si j’achète un appartement d’une valeur de 750.000 euros pour le louer, le gouvernement va me donner des ,subsides‘ fiscaux en tant que bailleur qu’on chiffre à plus de 110.000 euros. En revanche si on veut acheter le même appartement et l’habiter, l’Etat n’en donne que 70.000. C’est une concurrence déloyale.“[16]

Ein progressives und frühzeitig angekündigtes Auslaufen des Taux d’amortissement accéléré wäre hier sicherlich angebracht, anstatt von Jahr zu Jahr über ein Herumbasteln an den Abschreibungssätzen zu debattieren. Solche steuerlichen Vorteile treiben mehr Investoren in den Markt und vor allem solche, die insbesondere ihre steuerliche Belastung reduzieren möchten. Aktuell erhöht diese Abschreibung bloß die schon erhöhte Nachfrage, was wiederum zu einer Steigerung der Wohnungspreise führt; und dies zu Lasten all jener Menschen, die auf dem Wohnungsmarkt bloß auf der Suche nach einem Zuhause sind.

Hier seien aber auch einige Worte zur viel diskutierten, aber immer noch nicht umgesetzten Reform der Grundsteuer gestattet. Nach Jahren der Untätigkeit und politischen Verschleppung, soll es nun doch noch, zu Ende dieser Legislaturperiode, zu einer Grundsteuerreform kommen. Klar ist allerdings, dass deren primäres politisches Ziel nur in der Mobilisierung des unbebauten Baulandes bestehen kann. Hierfür sollte ein jährlicher Steuersatz auf unbebautem Bauland von 7 bis 10 % des Marktwerts des Baulandes anfallen und so den ökonomisch hypothetischen Mehrwert, der pro Jahr durch dieses nicht Bebauen entsteht, abschöpfen.[17]

Diese Besteuerung würde die ökonomische Attraktivität davon, Bauland nicht zu bebauen, vernichten und dafür sorgen, dass Bauland seiner Bestimmung zugeführt wird, sprich: dass es bebaut wird. Man sollte aber realistisch bleiben und sich keine signifikante Preislinderung der Immobilienpreise durch diese Steuer erwarten. Es ist vielmehr eine Maßnahme gesellschaftlichen Anstandes, um luxemburgischen Grund und Boden endlich „seine privilegierte Funktion als Anlagegut mit risikoloser Gewinnchance“[18] zu nehmen!

Internationales Finanzprodukt: „Lëtzebuerger Wunneng“

Durch das steuerliche Ausbremsen der nationalen Investitionsnachfrage im Immobilienbereich könnte sich allerdings die ausländische Investitionsnachfrage erhöhen. Kommen wir also nun zu der ausländischen Investitionsnachfrage nach luxemburgischen Wohnungen und zur Frage, wie man eine solche Nachfrage bremsen könnte?

Meines Erachtens bestehen hier zwei Möglichkeiten: höhere Steuern oder strengere Regulierungen. Beide Lösungsansätze sollten offen diskutiert werden, und vor einer Entscheidung müssen die Auswirkungen auf die luxemburgische Wirtschaft ernsthaft simuliert und projiziert werden. Vorab jedoch einige interessante ausländische Modelle: In Vancouver muss seit August 2016 jeder, der nicht kanadischer Staatsbürger ist oder seinen ständigen Wohnsitz nicht in Kanada hat, eine „zusätzliche Grunderwerbssteuer“ in Höhe von 20 % auf Immobilienkäufe in der Region Vancouver zahlen. Eine ähnliche Steuer wurde 2017 in Toronto und Umgebung eingeführt. In Australien müssen ausländische Käufer eine zusätzliche Gebühr für den Kauf einer Immobilie entrichten, die etwa 1 % des Wertes der Immobilie entspricht. Außerdem wird der Erwerb von Wohnimmobilien durch ausländische Käufer durch Vorschriften eingeschränkt. Die Schweizer Regierung begrenzt seit Jahren den Erwerb von Immobilien durch ausländische Käufer durch ein Genehmigungssystem, die sogenannte Lex Koller.[19]

Die Lex Koller, nach dem Bundesrat Arnold Koller benannt, trägt den amtlichen Titel: „Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland“. In der Schweiz ist der Immobilienerwerb durch Nichtschweizer seit den 1960er Jahren reglementiert. Das Gesetz regelt, welche Bewilligungen, seitens der zuständigen kantonalen Behörde, beim Immobilienerwerb in der Schweiz für ausländische Käufer nötig sind.

Meines Erachtens sollte ein ähnliches Genehmigungsverfahren nach Schweizer Vorbild die bestmögliche Steuerungsoption auch hier in Luxemburg sein. Bei uns sollte sie sich jedoch nicht nur auf den Grundstückserwerb beschränken, wie von einigen gefordert[20], sondern auch den Erwerb von Wohnimmobilien umfassen. Anders als in der Schweiz sollten auch indirekte Anlagen in Wohnimmobilien – also zum Beispiel über Immobilienfonds oder andere kreative Finanzierungskonstrukte – bestmöglich erfasst und durch dieses neue Gesetz eingeschränkt werden.

Um eine beruhigende Auswirkung auf die Preisspirale zu haben, sollte die Genehmigung von ausländischem Erwerb von Wohnimmobilien, welche nicht zu Wohnzwecken genutzt werden, in einem ersten Zeitraum nicht mehr gestattet werden. Dies sollte sich jedoch in erster Linie auf den Aufkauf des Wohnimmobilienbestands beschränken, und eine Ausweitung sollte, in Anbetracht der Finanzierungsmodelle der luxemburgischen Wohnungsbauprojekte, genau analysiert werden. Diese Genehmigungseinschränkungen könnten je nach Preisentwicklung wieder geelockert respektive angezogen werden. Gewerbe- und Büroimmobilien sollten von dieser Regelung ausgenommen werden, insoweit der ausländische Erwerber hier in Luxemburg einer realen ökonomische Aktivität nachkommt.

Glasklar ist, dass der Erwerb eines Zuhauses, also einer Wohnimmobilie (in der Einzahl versteht sich), für jedermann, unabhängig seiner Nationalität, hier in Luxemburg weiterhin möglich sein wird. Dies muss einerseits über ein Eindämmen der Preisspirale funktionieren, da sich sonst in sehr naher Zukunft der Luxemburger Immobilienmarkt für ausländische Erstkäufer als unerschwinglich herausstellt, andererseits aber auch durch den Fakt, dass der Erwerb einer Wohnimmobilie von diesem Genehmigungsverfahren ausgenommen sein wird.

Natürlich – EU-Recht oblige – wäre aktuell ein solches Genehmigungsverfahren nur auf Bürger aus Drittstaaten anwendbar. Ein Luxemburger Logementsminister sollte sich aber auch vermehrt auf EU-Ebene für ein Eindämmen der europäischen Wohnungspreisspirale einsetzen. Bei einem solchen Vorgehen könnte eine europaweite Einschränkung der spekulativen Wohnungsaufkäufe die europäische Investitionsnachfrage nach dem Finanzprodukt „Wohnung“ eindämmen und sich preislindernd auswirken. Dies ist aktuell aber noch Zukunftsmusik, denn leider fristet die Wohnungsfrage in der luxemburgischen Europapolitik ein eher stiefmütterliches Dasein.

In Luxemburg sollte ein solches Genehmigungsverfahren beim Wohnungs(bau)ministerium[21] angesiedelt werden und würde, nebenbei, dem Logementsminister auch endlich realen politischen Einfluss und Handlungsspielraum in der Wohnungsfrage zugestehen, denn aktuell ist dieser äußerst begrenzt. Der damalige Chefredakteur des Luxemburger Wort, Jean-Louis Siweck, beschrieb dies 2015 äußerst treffend: „de Logementsministère verdeelt e puer Subsiden (…) huet seng zwee ëffentelch Bauträger, an dat ass et awer och schon!“[22]

Die luxemburgische Offenheit, auch die des luxemburgischen Wirtschaftsstandorts, können wir in Zukunft nur sicherstellen, wenn die Wohnkosten nicht weiter aus dem Ruder laufen. Deshalb müssen wir die reine Investitionsnachfrage nach dem Finanzprodukt „Luxemburger Wohnung“ intelligent eindämmen und auf keinen Fall weiter anheizen.

Der Befund ist klar: Eine spekulativ erhöhte Nachfrage und eine dadurch weiter verknapptes Wohnangebots enden in einer Verteuerung der Wohnobjekte, was wiederum die finanzkräftige Investitionsnachfrage anheizt – dies ist ein Teufelskreis, aus dem wir schnellstmöglich ausbrechen müssen. Politisch sollten jetzt neue Vorschläge in die festgefahrene luxemburgische Wohnungspolitik einfließen.

Auch wenn sich der Wohnungsbauminister Henri Kox sichtlich bemüht, werden weder die Ausweitung des Zugangs auf den geförderten erschwinglichen Wohnungsmarkt, noch die Reform der individuellen Beihilfen für den Bau und den Kauf von Immobilien die Preisspirale durchbrechen. Die genannten Reformen werden eher dazu führen, dass immer mehr Leute auf staatliche Hilfen angewiesen sind, um sich noch ein bescheidenes Eigenheim leisten zu können – ein nachhaltiges Eindämmen der Preisspirale in der Wohnungsfrage ist dies beileibe nicht.

Auf einem Logementsdësch mit Vertretern der Bauwirtschaft, der Zivilgesellschaft und natürlich auch Experten der Universität, um die nötigen Auswirkungen zukünftiger Reformen simulieren und projizieren zu können, sollten weitere Maßnahmen ausgearbeitet und schnellstmöglich umgesetzt werden. Dies sollte jetzt passieren! 

Die Notwendigkeit politischen Handelns in der Wohnungsfrage ist unbestreitbar, denn eins ist auf dem Luxemburger Wohnungsmarkt glasklar. Um es mit den Worten des Wohnungsbauministers Henri Kox zu sagen: „Den Equiliber ass (…) aus dem Gläichgewicht“.[23]


[1] Das Observatoire de l’habitat stellte unlängst erneut fest: „c’est la hausse des prix des terrains à bâtir qui explique, en grande partie l’évolution des prix des logements“. Observatoire de l’habitat, Note 28: Les prix de vente des terrains à bâtir en zone à vocation résidentielle entre 2018 et 2020, Novembre 2021, S. 6.

[2] Ebd., S. 1: „L’indice hédonique publié par le STATEC pour retracer les variations des prix sur l’ensemble des segments (appartements et maisons, ancien et neuf) affichait ainsi une augmentation assez régulière de 4,5 % à 5 % par an sur la période 2010-2017. Par la suite, la hausse des prix des logements s’est progressivement accélérée : +9,2 % sur un an au 4e trimestre 2018, puis +10,7 % au 4e trimestre 2019, pour culminer à +16,7 % au 4e trimestre 2020 par rapport au 4e trimestre 2019.“ Siehe auch: STATEC, Prix moyen des ventes d’appartements, Édition du 23 septembre 2021.

[3] Prix affinés des ventes d’appartements par commune en 2015, Observatoire de l’habitat, STATEC und Prix affinés des ventes d’appartements par commune en 2021, Observatoire de l’habitat, STATEC.

[4] Zitat Wohnungsbauminister Marc Hansen im Parlament, siehe „Einspieler“ der Sendung Kloertext auf RTL zum Thema „Logement“ vom 20. Mai 2021.

[5] BIL, „Pourquoi l’investissement locatif es une bonne opération“, 26. Oktober 2017, https://my-life.lu/pourquoi-linvestissement-locatif-est-une-bonne-operation-10009/

[6] Déclaration du gouvernement sur la situation économique, sociale et financière du pays, 8. Mai 2012.

[7] Für das Jahr 2021 sind hier nur die Verkäufe im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. September 2021 eingerechnet, da die Statistik des 4. Trimesters 2021 erst im März 2022 publiziert wird.

[8] Siehe Antwort des Ministers für Wohnungswesen, der Finanzministerin und des Wirtschaftsministers auf die parlamentarische Anfrage N° 5374 vom 10. Dezember 2021 der Abgeordneten Mars Di Bartolomeo und Yves Cruchten.

[9] In den vergangenen Jahren soll es nicht unüblich gewesen sein, dass sogar bis zu 60 % der Wohnungen eines Immobilienprojekts an Investoren verkauft wurden, siehe „Le marché du neuf n’attire plus au Luxembourg“, in: Luxemburger Wort vom 10. Januar 2022.

[10] Rede von Gast Gybérien am 20. November 2019 im Parlament, siehe S. 129 des Compte-rendu des séances publiques numéro 6, Session ordinaire 2019/2020.

[11] Recommandation du Comité du risque systémique du 9 novembre 2020 relative aux crédits portant sur des biens immobiliers à usage résidentiel situés sur le territoire du Luxembourg.

[12] Siehe „Les conditions d’attribution de crédit de la CSSF ont particulièrement impacté les investisseurs, qui doivent à présent apporter 20% du prix du bien en plus des frais d’acquisition.“ Pressemitteilung des Immobilienunternehmens NEXVIA, in Luxemburger Wort, „Le marché du neuf n’attire plus au Luxembourg“, 10. Januar 2022;

Siehe auch: „ (…) seules 36,6% des transactions en VEFA avaient été réalisées par des investisseurs aux trois premiers trimesters de l’année 2021. Ceci suggère que la baissede l’activité sur le marché des appartements en construction aux trois premiers trimestres 2021 pourrait provenir d’une baisse de la demande de la part des investisseurs locatifs, elle-même probablement liée en partie aux changements dans les contraintes d’emprunt (…) au 1er janvier 2021.“ Minister Henri KOX in seiner Antwort auf die parlamentarische Anfrage N° 5374 vom 10. Dezember 2021 der Abgeordneten Mars DI BARTOLOMEO und Yves CRUCHTEN.

[13] Zitat Henri KOX in „Erschwinglicher Wohnraum“, Revue, 6. Februar 2020.

Auf die hohen Wohnungspriese angesprochen sagte Henri KOX, unter anderem: „Mäer sinn enger internationaler Geldpolitik ausgesaat, wou d’Geld relativ bëlleg ass“, Riicht eraus, Radio 100,7, 3. April 2021.

[14] https://www.bcl.lu/en/publications/Blog/Blog-14/index.html#_ftn4

[15] Siehe zum Beispiel Internetseite von NEXVIA.

[16] Pierre SORLUT, „À un point d’inflexion“, d’Lëtzebuerger Land, 3. Januar 2020.

[17] Hier nur grobe Züge, Freibeträge und spezielle Steuersätze sind natürlich auch vorzusehen; Siehe im Detail: FONDATION ROBERT KRIEPS, Impôts et justice fiscale au Luxembourg : les éléments clés pour une future réforme, 2021, S. 139 bis 161.

[18] Werner VEIGEL, Rede im Münchener Stadtrat am 18. November 1970, Zitat aus Hans-Jochen Vogel, Mehr Gerechtigkeit! Wir brauchen eine neue Bodenordnung ; nur dann wird auch Wohnen wieder bezahlbar, Herder, 1. Auflage, 2019, S. 16.

[19] Siehe: RESOLUTION FOUNDATION, Home Improvements – Action to address the housing challenges faced by young people, S. 33 bis 35.

[20] Denis SCUTO, Fir eng “Verhüttungsklausel” am Logement, Fräie Mikro, 2. Dezember 2021, Radio 100,7.

[21] Eine Namensänderung des Ministeriums ist unumgänglich, denn ein Logementsminister muss sich mit mehr befassen als nur mit dem „erschwinglichem“ / sozialem Wohnungsbau. Sonst wird es das bitternötige Umdenken in der luxemburgischen Wohnungsfrage nicht geben.

[22] Zitat Jean-Louis SIWECK, Riicht eraus, Radio 100,7, 19. Dezember 2015.

[23] Zitat Henri KOX, Riicht eraus, Radio 100,7, 3. April 2021.

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